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In diesem Beitrag will ich auf 3 Punkte eingehen: Wie kann man einen Autistic Meltdown verstehen, Wie zeigt sich das (oder eben nicht), und Warum ich Weinen heute schätze.

Hast du dich schon mal auf der Arbeit auf der Toilette für etwas Ruhe eingeschlossen? Oder um zu Weinen oder zu Schreien? Warst du schon mal so wütend, dass du am liebsten den Computer vor dir aus dem Fenster geschmissen hättest?

Ist dir so etwas schon mal passiert “nur” weil die Umgebung zu lange zu laut, zu hell, oder andere Sinneseindrücke zu viel waren?

Warst du schon mal froh, all das nicht sofort gemacht zu haben? Kennst du den Stolz, diesen inneren Sturm von Eindrücken und Emotionen auszuhalten?

Was ist ein Autistic Meltdown?

Ein Meltdown (engl. Kernschmelze) ist ein psychischer Ausnahmezustand, in den Menschen mit Autismus durch sensorische und/oder emotionale Reizüberflutung geraten können. (Quelle)

Kürzer gesagt: Überreizung.

Einen ruhigen, geschlossenen Ort (wie eine Toilette) aufzusuchen ist also gar keine schlechte Idee. Außer, frische Luft, offener Raum oder Wind helfen dir persönlich mehr. Oder irgendetwas anderes. Was man erst einmal für sich herausfinden muss. Und egal welchen Ort oder welches Hilfsmittel man für sich findet, das/den muss man in dem Zustand der Überreizung erstmal erreichen.

Einige Studien (Quelle) beschreiben Autismus durch stärker vernetzte Synapsen. Klingt cool, wenn man viele Wege zur Verfügung hat.

Macht es aber genau schwerer im Falle einer Überreizung. Dann wird der Reiz nämlich umso leichter weitergetragen (ich stelle mir das wie eine Lawine im Kopf vor). Je weiter diese Lawine reicht, umso schwerer ist es, “funktionierende” Teile zu finden, mit denen man sich irgendwie noch sozialverträglich stabilisieren kann.

Denn alles im Kopf schreit und kratzt. Fast immer setzt sich dann auch noch ein Gedankenkarussell in Gang. Wie ein Hyperfokus auf den peinlichsten Tag deines Lebens. Danke, da wollte ich eigentlich gar keinen Nachschlag…

Wie sieht das bei mir aus?

Ehrlich: ich bin ein ziemlich schlechtes Beispiel. Warum, erkläre ich gleich, erstmal: worüber spreche ich eigentlich.

Ein Autistic Meltdown ist bei mir oft nach außen leise und nach innen dafür umso lauter. Irgendetwas bannt in dem Moment meine ganze Aufmerksamkeit. Und damit meine ich nicht nur meine Sinne, sondern meinen ganzen Geist!

Während es sonst gefühlt mindestens drei parallele Stimmen in meinem Kopf gibt und ich mir leicht aussuchen kann welcher Idee oder welchem Thema ich meine Aufmerksamkeit gebe, geht dann ungefähr gar nichts mehr. Das ist ein Zwang, der mich erfasst. Wie ein winziges Nadelöhr in dem für ein kurzes Stück alle Wege hindurchführen.

Da bleibt nicht viel anderes, als Augen zu und durch. Oft Weine ich dabei, denn da fliegen ein Haufen Emotionen durcheinander. Ich lasse meinen Gedanken, Gefühlen oder Bedürfnissen, zum Beispiel nach einem weichen Pulli (sensorische Sicherheit) oder den Raum zu wechseln (räumliche Veränderung), in dem Moment „einfach“ geschehen.

Richtig, so einfach ist das nicht, erst recht nicht außerhalb der eigenen vier Wände. Wie „unpassend“ diese „Anfälle“ sind, habe ich sehr früh verstanden (bevor ich 5 Jahre alt war). Und sie seitdem gelernt zu vermeiden.

Vermeidungsstrategien sind, mich auf eine (andere) Sache zu fokussieren und mich selbst damit vom Meltdown abzulenken. Oder meinen Gefühlen frühzeitig Raum zu geben, um mir selbst Luft zu verschaffen.

Früher habe ich alles dafür getan, um nicht aufzufallen, also auch alles, um mich zu kontrollieren. Ich wurde sehr gut darin Frühwarnzeichen an mir selbst zu erkennen und entsprechend in die Vorbeugung zu gehen. Aber vermeiden ist keine langfristige Lösung, sondern eher ein Hilfsmittel, um mich in Sicherheit zu bringen, bevor ich mich verletzlich mache.

Heute sage ich: Ein Meltdown ist kein Versagen, sondern ein Moment, in dem das System Schutz vor Zusammenbruch sucht. Und genau so sollte er verstanden werden, von uns selbst und von anderen in unserem Umfeld.

Warum Weinen?

Für mich ist Weinen eine der schnellsten Formen zu verarbeiten. Ich akzeptiere, dass ich nicht grundlos weine. Stattdessen glaube ich daran, dass es einen Zweck hat, wenn mir die Tränen kommen. Das passiert ebenso allein zuhause wie in intensiven Situationen und hat wenig mit Aufmerksamkeit zu tun. Wenn überhaupt musste ich es zusätzlich lernen, auch vor anderen loszulassen.

Weinen ist nicht dasselbe wie ein Autistic Meltdown. Trotzdem hängt beides oft zusammen. Ich komme mithilfe von Tränen schneller durch einen Meltdown. Und oft habe ich nach einem Meltdown etwas über mich oder eine Situation gelernt.

Klingt vielleicht komisch, aber ich verarbeite mit Tränen nicht nur unterschiedliche Emotionen, sondern auch Massendaten an Sinneseindrücken. Mein Gesicht hat immer Untertitel, aber beim Weinen ganz besonders deutlich. Dieser Spiegel meiner Gedanken nach außen ist es vielleicht, der mir auch beim Weinen hilft, mein Innen besser zu begreifen.

Mag ich es inzwischen dabei beobachtet zu werden?

Nein, nicht unbedingt … obwohl, kommt drauf an! Es erzeugt eine besondere Form von Nähe. Das schätze ich. Und ich habe gelernt, mich selbst dabei zu beobachten oder zumindest ganz bei mir zu bleiben.

Wer kennt solche Situationen? Und wer hat gelernt, sich selbst dabei beizustehen?


Ich bin Monika von Flow by Wolff. Ich arbeite mit Führungskräften in der Tech- & IT-Branche daran, Neurodiversität nicht nur einzubeziehen, sondern in Innovation zu verwandeln. Gemeinsam gestalten wir Strukturen, die vielfältige Denkweisen unterstützen, Burnout und Boreout vorbeugen und kreatives Potenzial freisetzen. Mein Fokus: klare Prozesse, inklusives Leadership und Umgebungen, in denen Ideen Raum haben, um zu entstehen, zu wachsen und zu gedeihen.

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